Einstecktuch & Stil: Stoff für Insider

Das Einstecktuch ist das Tüpfelchen auf dem i Ihres Outifts. Das Einstecktuch - die eleganteste Akzentverschiebung des Jahrzehnts?

Das Einstecktuch ist preisverdächtig: So hätte es zum Beispiel den Preis für die eleganteste Akzentverschiebung des Jahrzehnts verdient. Oder auch den für die „kleinste“ Herausforderung im Leben des modernen Gentleman. Egal, von welcher Seite man das Ganze betrachtet – diese paar Zentimeter Stoff geben Entscheidendes über ihren Träger preis.

Für feinmotorische Grenzgänger: Das Einstecktuch als Ausweis

Knittern will gekonnt sein. Das weiß jeder, der schon mal versucht hat, ein Hemd ordentlich im Koffer zu verstauen. Ein Einstecktuch stellt seinen Träger vor die Herausforderung, die elegante Wirkung über mehrere Stunden aufrecht zu halten – ohne Nachbessern. Zudem soll die Faltung einen „Touch von Lässigkeit“ vermitteln – denn nur dann entfaltet das Ganze auch den gebotenen stilistischen Charme. Und um das hinzubekommen, bedarf es eines versierten Feinmotorikers.
Ob Sie Ihr Einstecktuch in wenigen Schichten gelegt oder etwas aufwändiger in Wellen in die Tasche einfügen möchten bleibt Ihrem persönlichen Gusto überlassen. Wichtig ist, dass es die Tasche richtig ausfüllt und nicht im Laufe des Tages „in der Versenkung verschwindet“ oder „reingequetscht“ wirkt. Denn dann wäre die Wirkung dahin.

Für Kenner: Der Parcours durch Material, Farbe und Muster…

Es ist kaum zu fassen, aber man kann mit ein paar Quadratzentimetern Stoff so richtig viel verkehrt machen – und sich selbst ganz schön ins „stilistische Abseits“ manövrieren…Um auch die erwünschte Wirkung zu erzielen sollten Sie einige Dinge wissen.

  • Das Material eines Einstecktuches ist auf jeden Fall sehr edel.
    Die bevorzugten Materialien sind Seide, Baumwolle oder Leinen. Die häufigste Wahl fällt wohl auf ein weißes Einstecktuch – passend zum Hemd. Deshalb gilt für einen wirklich distinguierten Stil:
    Wählen Sie gerne ein Tuch mit etwas stärkerer Struktur als der Hemdenstoff. Achten Sie jedoch darauf, dass die Struktur zu Anlass und Stil passt. Da die Struktur des Leinens oft sehr deutlich hervor tritt, sind diese Tücher eher für einen sportlichen Stil geeignet. Die Understatement-Variante für den professionellen Tagesanzug wird durch eine feinere Struktur geprägt. In der Tat ist das nur ein geringfügiger Unterschied – aber er bewirkt in der Wahrnehmung und Einschätzung Ihrer Person sehr viel.
    Nogo: Polyester oder so etwas. Für ein Einstecktuch ist dieses Material inakzeptabel, ja mehr noch: Es ist grauenvoll.
  • Die Farbe eines Einstecktuches legen Sie nach Ihrer persönlichen Vorliebe fest.
    Sie sollte, so Sie denn Krawatte oder Fliege tragen, dazu ebenso wie zum Jackett passen.
    Weiß empfehle ich Ihnen in jedem Fall als festen Bestandteil einer strategisch gut geplanten Grundausstattung. Die zweite Klassik-Variante des Einstecktuches ist in jedem Fall das blaue, ungemusterte Einstecktuch. Die Handhabe ist die gleiche wie beim Weißen.
    Sie favorisieren einen Look, der eher trendy ist? Vielleicht mögen Sie ja die Ton-in-Ton-Variante. Entscheiden Sie sich doch mal für ein dunkelblaues Einstecktuch zu einem Look, der aus verschiedenen Blautönen besteht. Oder kombinieren Sie ein Einstecktuch in einem gedeckten Tiefrot zu einem beigen Tweed-Sakko mit rotem und braunem Fensterkaro. Kombinieren Sie das Einstecktuch farblich zur passenden Strickweste und tragen Sie dazu edle Jeans. Sollte Ihnen der formale Look nun überhaupt nicht liegen, haben Sie hier alle Möglichkeiten, durch eine stilvolle Kombination Ihren exquisiten Geschmack zu beweisen.
    Wichtig ist, dass die Farbe einen Bezug zu einem Ihrer Kleidungs-Stücke am Oberkörper aufweist.
    Für hervorragende Stilisten: Kombinieren Sie einen Zwischenton. Ist Ihr Jackett z.B. beige und Ihre Weste rot, dann kombinieren Sie dazu einen Mischton aus beiden Farben. Das ist nochmal eine Spur raffinierter, als den Rot-Ton der Weste zu wiederholen.
    Oder brechen Sie mutig ganz aus diesem Farbmuster aus und kombinieren eine Komplementär-Farbe mit subtiler Leuchtkraft. Das ist dann DER Farbtupfer Ihres Outfits. (Sehr cool!)
  • Das Muster: Kleine, regelmäßige Musterungen spiegeln den klassischen Look wider.
    1. Punkte, Paisley, Streifen oder floral oder….: Egal, welche Optik Sie bevorzugen, es gibt ein paar Grundregeln, wenn es um die Kombination von Mustern geht.
    Kombinieren Sie immer kleine mit großen Mustern. Also bitte nie z.B. zwei Mal die gleiche Mustergrösse Nadelstreifen in Jackett und Einstecktuch. Sie verwöhnen den Betrachter, wenn Sie hier stilvoll kombinieren können. Denn auch bei Herrenausstattern sieht man leider grauenvolle Kombinationen.
    2. Beachten Sie Ihre äußere Anmutung: Kommt eine Mode in Italien auf, wird sie hier mitunter 1:1 kopiert. Das mag an vielen Stellen ganz witzig wirken, bei Farben und Musterungen kann der Schuss allerdings gnadenlos nach hinten losgehen: Bei südländischen Menschen wirkt es umwerfend, wenn sie viele verschiedene Muster in warmen Erdfarben miteinander kombinieren. Kopiert der hellhäutig-mitteleuropäische Mensch diese Mode geht von der Wirkung viel verloren – schlimmstenfalls wirkt es verkleidet oder sogar clownesk. In unseren Breitengraden hat sich ein Look von zwei Mustern und drei Farben eingebürgert. Junge Menschen, Repräsentanten des Kreativ-Bereiches oder Künstlern gesteht man hier andere Wirkungen zu. Im Business-Umfeld sollten Sie um die Botschaft hinter diesen „kleinen, feinen“ Akzente wissen und sie sehr wählerisch einsetzen. Selbstverständlich können Sie Muster untereinander kombinieren, also z.b. Paisley zu Streifen.
    3. Figürliche Darstellungen sind, wie auch bei Krawatten, heikel. Die Elefanten-Herde auf Maisgelb ist (und bleibt?) ein stilistisches Vorrecht von Hermès, wie es scheint. Und selbst diese Qualität gilt in manchen Bereichen als unangemessen, ja sogar heikel….

Das Nogo der Nogos: Nie, aber auch wirklich niemals sollten Sie das mit einem Einstecktuch tun…..

Egal, was man Ihnen im Geschäft oder sonst wo empfiehlt: Kombinieren Sie niemals, unter gar keinen Umständen Ihre Krawatte oder Fliege mit einem Einstecktuch in genau dem gleichen Stoff, also farb- und muster-identisch.
Wer ein bisschen Ahnung hat, sieht dann nämlich sofort, dass hier kein Insider am Werk ist. Sondern jemand, der die Spielregeln (und nicht nur die des Einstecktuches…) nicht wirklich begriffen hat.
Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum man dieses Nogo immer noch findet. Sogar Hersteller und Herrenausstatter bieten diesen Fauxpas noch an. Vergessen Sie nie: Diesem stilistischen Fehlgriff haftet der Nimbus des Erbärmlichen an.

Die Methoden des Faltens

Sie haben verschiedene Möglichkeiten, ein Einstecktuch mit Stil zu falten:
1. Einfache, gerade Faltung: Falten Sie das Ganze einmal vertikal, streichen es glatt und danach einmal horizontal und streichen darüber. Stecken Sie es dann so in die Anzugtasche, dass zwei Zentimeter heraus schauen.
2. Das Dreieck: Legen Sie das Tuch als Raute vor sich, eine Spitze zeigt nach oben. Jetzt klappen Sie in der Mitte die andere Spitze auch noch nach oben, so dass die beiden Spitzen genau aufeinander liegen. Schlagen Sie nun beide Ecken von rechts und links zur Mitte des Tuches ein, so dass die Spitze nach oben zeigt: Jetzt wird es wieder so eingesetzt, dass ca. zwei Zentimeter rausschauen. Voilà.
3. Doppelte Dreiecksfaltung: Wie beim einfachen Dreieck. Nur, dass Sie hier die beiden oberen Spitzen nicht aufeinander legen sondern ca. 1 Zentimeter nebeneinander platzieren. Der Rest wird wieder genauso gefaltet wie oben erwähnt.
4. Dreifache Dreiecksfaltung: Ein äußerst eleganter Look.
Gehen Sie vor wie beim doppelten Dreieck, also falten Sie wieder den waagerechten Knick in der Mitte, verschieben Sie dabei allerdings die beiden nach oben zeigenden Spitzen um ca. 1 Zentimeter.
Nun legen Sie wieder die beiden Seiten rechts und links nach innen  – allerdings mit dieser Änderung:
Sie klappen eine seitliche Spitze nach oben, so dass sie die dritte Spitze neben den beiden anderen darstellt. Die andere seitliche Spitze klappen Sie zur Mitte.
Mehr als alle anderen lebt diese Variante von ihrer präzisen Positionierung in der Tasche: Nehmen Sie sich hier beim Falten und Einstecken Zeit! (Übrigens ist dies der Look für den Abend, für den sehr eleganten Auftritt in gehobenem Ambiente.)
3. Der Bausch: Fassen Sie das Ganze einmal in der Mitte und heben Sie es hoch. Legen Sie es in leichte Wellen, so das oben aus der Tasche etwas bauschig herausschaut. (Etwa so in Form eines „Schlags Sahne“, wie ein Tuff). Diese Variante sieht gut aus, wenn sie mehr als zwei Zentimeter herausschaut. Schätzen Sie die Proportion anhand der Farb- und Musterwirkung ab, auch die Haptik Ihres Jacketts spielt eine Rolle.
Auch hier sollten Sie einen Teil des Tuches zur Mitte querlegen, der dann auch etwas mit herausschauen darf.
Das unterstützt den Halt in der Tasche.

Unterschiedliche Größen können Sie durch eine erweiterte Faltung ausgleichen.

Dies sind – naja, nennen wir es mal – die Hauptspielarten des Einstecktuches. Sie finden um diese Basics herum erweiterte Varianten dieses Vorgehens. Im Grunde genommen ist das Ganze also so wie bei den Krawattenknoten: Neben dem Klassiker “Windsor” existieren mindestens 16 Erweiterungen, wie z.B. in diesem Video  zu sehen.
Sollten Sie nach Einstecktüchern suchen, werden Sie vorwiegend im amerikanischen Raum bzw. auf entsprechenden Seiten fertig genähte Faltungen und Rüschungen finden. Bitte tun Sie sich selbst den Gefallen und widerstehen Sie der Versuchung zur Bequemlichkeit. Stil ist hier wirklich nur, das Einstecktuch selbst zu drapieren. Oder tragen Sie auch eine Krawatte mit Gummizug und vorgefertigtem Knoten?

Die Akzentverschiebung des Jahrzehnts: Das Einstecktuch

Ruhte der Akzent früher eindeutig auf einer geschmackvoll gewählten und sorgfältig gebundenen Krawatte, so finden Sie ihn heute mindestens genauso stark auf dem Einstecktuch.
Da im Konzernbereich zunehmend der auch als „Kultur-Strick“ bezeichnete Langbinder wegfällt, erfreut es sich zunehmender Beliebtheit und wird als Ausdruck des individuellen Stils von Gentlemen zelebriert.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Zelebrieren Ihres individuellen Stils.

Gerne bin ich auch persönlich für Sie da:
Fon: 0711/ 54 09 64 97
Mobil: 0175/ 22 45 146
Mail: info@erfolgmitstil.de

Bild: istock, (c) alexovskaja