Sich beschweren ist eine Kunst. Also, sich beschweren ohne Sympathien zu verlieren und als lächerlich elitär zu gelten, das ist große Kunst.
Diese große Kunst verlangt einem dann viel ab, wenn man so richtig in Rage ist.
Sich beschweren, das verlangt nach Voraussicht und Impulskontrolle.
Sich beschweren über den richtigen Kanal
Sich beschweren mit Promi-Status ist einfach, denken Sie? Naja, das kommt drauf an, wie man das macht. Also, tun Sie’s besser nicht so wie Andie Macdowell: Die hat nämlich für Luxus bezahlt und dann die „Holzklasse“ bekommen. Da ist sich beschweren das Nächste, was einem einfällt. Jeder, so sollte man meinen, hat dafür Verständnis. „Geld zurück“ lautete wohl bei jedem von uns die Forderung für eine nicht erbrachte, aber bezahlte Leistung.
Der charmanten Diva sind allerdings die Gäule auf Twitter durchgegangen – hier hätte sie wohl besser einen anderen Weg gewählt. Ihre Beschwerde wurde als Luxusproblem einer weißen Oberklasse verspottet. Mittlerweile ist der Original-Post gelöscht. Sie weiß es wohl inzwischen selbst. Auch, wenn man sein Netzwerk irgendwie unterhalten muss: Sich beschweren, indem man die Fehler der anderen als Kanonenfutter für Aufmerksamkeit verbaut? Das kann gefährlich werden.
Sich beschweren mit den richtigen Worten
Andie Macdowell, die eigentlich als sympathische Grande Dame bekannt ist und weniger als abgehoben zickig hat keine glückliche Hand bei der Wahl ihrer Worte bewiesen: „Man hat mich in die Touristenklasse gesetzt“. Es kann ja sehr unterhaltsam sein, wenn eine aufsehenerregende Filmdiva Donner und Blitze schleudert – hier ging der Schuss einfach nur nach hinten los. Auch ihr Selfie mit den wärmenden Worte für die „coolen Leute“ um sie her vermochte da nur wenig zu bewirken.
Hätte sich ein Normalo beschwert, hätte man sich vielleicht gemeinsam mit hm betrogen gefühlt. Aber ein Star, der vom Olymp herabsteigen muss in den Sumpf des Gewöhnlichen? Heul doch zuhause! Eine Beschreibung der Leistung, die man zwar bezahlt, aber nicht geliefert bekommt wäre besser gewesen. Die „Touristenklasse“ war tödlich.
Sich beschweren zum richtigen Zeitpunkt
Wie hat Helmut Schmidt so schön gesagt? „Wer Visionen hat sollte zum Arzt gehen.“
Wer so richtig brodelt vor Zorn sollte erst einmal nach Hause gehen. Oder zumindest die Finger von der Tastatur lassen. Dinge nicht zu tun, die sich einem förmlich als Reaktion aufdrängen nennt man Impulskontrolle. Und, um das Ganze mit einem netten kriminalistischen Ausdruck abzurunden:
Wenn man diese nicht hat, kann das Internet mit seinen Hochgeschwindigkeits-Foren zu einer „Waffe der Gelegenheit“ werden. Man schlägt einfach zu. Mit dem, was man gerade findet.
Das kann böse enden, selbst für Leute mit Promi-Status. Die wundervolle Andie Macdowell hat inzwischen wieder zu ihrer eigentlichen Form zurückgefunden – ja mehr noch: Sie wird von anderen verteidigt.
Sich beschweren, das ist eine eigene Kunstform, wie ich finde.
Man erkennt hier den Menschen mit Stil häufig besser als an der Kleidung.
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